Schmiedearbeiten

DAS KREUZ VON MUGGENDORF (2013)

Das Kreuz, wichtigstes Symbol des Christentums und der Kirche, ist in Gefahr zu zersplittern. Innere Spannungen und äußere Kräfte bedrohen Einheit und Gemeinschaft der Gläubigen.
Mit der Kraft seiner Glieder umschlingt der sterbende Jesus das Kreuz, und er wird mit der göttlichen Macht des auferstandenen Christus strahlender Retter sein.

Idee und Ausführung: Hubert Hunstein
2013 im Rahmen der Renovierung
der Kirche „Auferstehung Christi“

 

Zurück

Mit der Segnung des neuen Kreuzes an der frisch renovierten Fassade der Muggendorfer Filialkirche „Auferstehung Christi“ hat das Gebäude einen Glanzpunkt bekommen, welcher aufzeigt, wie unvollständig das Erscheinungs-bild der Kirche zuvor gewesen war.
Dieses Kreuz, dieses Kruzifix ist ein ganz ungewöhnliches Kunstwerk, für manche Betrachter auf den ersten Blick vielleicht irritierend, eine Abkehr von Gewohntem und Erwartetem. Dieses Werk befremdet möglicherweise mehr als ein figürlich naturalistisches Kruzifix mit blutenden Wunden und leidendem Gesicht. Es ist außergewöhnlich, entstanden und ausgeführt in der Schmiede des Künstlers Hubert Hunstein in Haag.

Der Grundgedanke der Darstellung wurde nicht erst ausgelöst durch den Auftrag des Pfarramtes Gößweinstein, sondern reifte viele Jahre in der Schaffensent-wicklung des Künstlers. Der erste Entwurf geht zurück ins Jahr 1994. Am Ende seiner Wanderschaft begegnete der junge Schmied aus Oberfranken dem englischen Schmiedemeister, Künstler und Philosophen Antony Robinson in Berkshire GB. Dessen aktuelles Werk war eine eigene und ganz neue Darstel-lung des „Keltischen Kreuzes“. A. Robinson war „devoted and determined“, hingebungsvoll erfüllt von der Last der schweren Aufgabe, aber mit allen Fasern seines Körpers und Geistes entschlossen und bereit, den inneren Auftrag zu erfüllen und ein bleibendes Werk zu erschaffen. Für Hubert Hunstein bleibt diese Begegnung bis heute ein „Mysterium faszinosum“. Die Initiierung geschah, und der innere Drang zu einem völlig eigenen Kreuzentwurf war ausgelöst.

Das Kreuz ist das bedeutendste Symbol des Christentums. Es steht für den christlichen Glauben, für die Gemeinschaft der Gläubigen, für die Gestalt und Kraft seiner Kirche.
Die Kreuzbalken, im Zentrum noch fest verwoben, die Gesellschaft und Gemeinschaft der Menschen symbolisierend, beginnen zu zersplittern. Glaube, Gemeinschaft und Kirche sind in Gefahr. Kraftvoll umschließen die Gliedmaßen des menschlichen, also sterblichen Erlösers das Kreuz und wirken so gegen die von außen und innen wirkenden Gefahren der Aufsplitterung und Zerstörung. Diese Darstellung erscheint zeitgemäß, ja sogar zwingend, aber wurde künstlerisch wohl noch nie so umgesetzt.
Doch die menschlichen Kräfte werden nicht ausreichen, sondern es bedarf der göttlichen Allmacht, die für die Gläubigen mit der Auferstehung zur Gewissheit wird, hoffnungsvoll dargestellt durch den Glanz des Corpus Christi. Und ein weiterer Deutungsansatz drängt sich auf: Mit dem Opfergang des Mensch gewordenen Gottessohnes erfüllt sich die Verheißung, dass der Fluch des Bösen (der Schlange), der zur Vertreibung aus dem Paradies geführt hatte, endlich ein Ende findet.

Mancher Betrachter wird sich fragen: Ist dieses Werk nur bedeutungsvoll, oder aber auch schön? Ein zeitloses Kunstwerk entspringt zwar der Idee und dem Können des gegenwärtigen Künstlers, es kann jedoch bei glücklichen Umständen noch viel weiter wirken, wenn es die Enge des Zeitgeistes und die abgenutzten Erwartungen einer traditionell ästhetischen Wahrnehmung hinter sich lässt. Im besten Fall ist der Schaffende, sich am schweren Material abarbeitende Künstler, ein Medium. Sein Werk erzeugt dann nicht nur ästhetisches Wohlempfinden, wie man es seit langem kennt und erwartet, sondern eröffnet einen Raum neuer Schönheit, in dem sich drängende und belastende Gegenwartsfragen bewegen dürfen und in dem mit gelenkter Wahrnehmung sich auch neue Erkenntnisse und Empfindungen öffnen.
Das Werk Hubert Hunsteins befriedigt jedoch nicht nur die Ansprüche einer so erweiterten Ästhetik. Die Darstellung des Kreuzes, des Corpus und seiner Gliedmaßen macht gezielt wirkende Kräfte sichtbar, die dem Gläubigen Trost, Hoffnung und Zuversicht geben. Das unterscheidet wesentlich ein sakrales Kunstwerk von einer zweckfreien und oft entbehrlichen „Kunst am Bau“.
Aber auch Ungläubige und Andersgläubige, falls gutwillig und aufgeschlossen, werden an diesem Kreuz innehalten.
Das neue „Kreuz von Muggendorf“ ist in weitem Sinne ein Glanzpunkt mit großer Strahlkraft, die über die Region hinaus wirken möge.

Wünschenswert wäre es, wenn alle hier nur angedeuteten Aspekte und Fragen rund um das „Kreuz von Muggendorf“ in einer Diskussionsveranstaltung für Gemeindemitglieder und andere Interessenten erweitert und vertieft werden könnten.

 

Prof. Dr. med. A. Ogilvie, Muggendorf